Arzneimittel mit dem Wirkstoff Allopurinol werden häufig rezeptiert und in der Apotheke abgegeben. Allopurinol gehört nach wie vor zu den Mitteln der Wahl bei erhöhten Harnsäurewerten (Hyperurikämie) im Blut, die über kurz oder lang zur Gicht führen können. Gicht stellt eine Purin-Stoffwechselerkrankung dar, bei der sich die Gelenke unter anderem durch Ablagerung von Harnsäurekristallen (Urate) schmerzhaft entzünden können. Aber auch in Schleimbeuteln, Sehnen oder im Ohrknorpel kann es zu den Ablagerungen kommen. Die Ernährung spielt für die erfolgreiche Therapie auch eine große Rolle.
Was ist Allopurinol genau?
Allopurinol ist ein Urikostatikum, das den Purin-Abbau zu Harnsäure beeinflusst und so zur Linderung der Symptome der Gicht beitragen kann. Darüber hinaus wird es in Kombination mit anderen Medikamenten zur Behandlung der Leishmaniose eingesetzt. 1977 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Allopurinol in die Liste der unentbehrlichen Arzneimittel aufgenommen.
Wann wird Allopurinol bei Erwachsenen angewendet?
- Bei Serum-Harnsäurewerten im Bereich von 500 μmol/l (8,5 mg/100 ml) und darüber, die diätisch nicht beeinflussbar sind
- Bei sekundärer Hyperurikämie unterschiedlicher Genese
Die Anwendung von Allopurinol bei Kindern sieht folgendes vor
- Sekundäre Hyperurikämie unterschiedlicher Genese
- Harnsäure Nephropathie bei Leukämie-Behandlung
- Bestimmte angeborene Enzymmangelkrankheiten
Schwangere sollten kein Allopurinol erhalten, da das Arzneimittel in den Purinstoffwechsel eingreift. Auch für Stillende ist Allopurinol tabu, weil der Wirkstoff in die Muttermilch übergehen kann.
Dosierung von Allopurinol zur Bekämpfung der Gicht
Patient:innen nehmen in der Regel 300 mg Allopurinol einmal täglich unzerkaut mit reichlich Flüssigkeit nach einer Mahlzeit ein. Die Einstiegsdosierung liegt bei 100 mg, um unerwünschte Nebenwirkungen zu minimieren. Bei unzureichender Wirkung wird die Dosierung langsam gesteigert, auf maximal 600 bis 800 mg Allopurinol pro Tag. In diesem Fall sollte die Gabe auf Einzeldosen von 300 mg über den Tag verteilt werden. Die Dosierung bei Kindern sieht 10 mg pro kg Körpergewicht vor, maximal aber 400 mg pro Tag, aufgeteilt in drei Einzeldosen. Eine Dosisanpassung sollte bei älteren Patient:innen, die eine stark eingeschränkte Nierenfunktion aufweisen, erfolgen, da Allopurinol und seine Metabolite renal ausgeschieden werden.
Welche Nebenwirkungen sind zu erwarten?
Gerade zu Beginn der Therapie kann es zu gehäuften Gichtanfällen kommen, da im Körper Uratablagerungen aktiviert werden und somit der Harnsäurespiegel ansteigt.
Als sehr häufige Nebenwirkungen von Allopurinol sind Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall, Erbrechen und Übelkeit aufgeführt. Aber auch Hautreaktionen und Blutbildveränderungen können jederzeit auftreten. Die Therapie wird dann meist abgesetzt und nach einiger Zeit in niedrigerer Dosierung wieder aufgenommen. Überempfindlichkeiten, Angioödem und anaphylaktische Reaktionen treten sehr selten auf. Bei Blasenbildung, Schleimhautschädigungen und ausgeprägtem Hautausschlag muss der/die Patient:in sofort zur ärztlichen Praxis geschickt werden. Allopurinol wird dann unverzüglich abgesetzt, um das Auftreten eines schweren Krankheitsverlaufs zu vermeiden. Besonders Patient:innen, die zusätzlich Amoxicillin oder Ampicillin erhalten haben oder unter Leber- und/oder Nierenerkrankungen leiden, zeigen ein erhöhtes Risiko für die gefährliche Überempfindlichkeitsreaktion. Außerdem macht Allopurinol die Haut lichtempfindlicher.
Beeinträchtigt Allopurinol die Verkehrstüchtigkeit?
Auch Schläfrigkeit, Schwindel und/oder Ataxie können unter einer Therapie mit Allopurinol zur Behandlung der Gicht auftreten. Daher sollte vorsichtig beobachtet werden, ob und inwiefern die individuelle Leistungsfähigkeit eingeschränkt sein könnte. Gerade für das Führen von Kraftfahrzeugen oder das Bedienen von schweren Maschinen ist Vorsicht geboten.
Gibt es zu Allopurinol Wechselwirkungen?
Tatsächlich ist die Liste der Medikamente, mit denen Allopurinol Wechselwirkungen eingeht, sehr lang. Aus diesem Grunde sind hier nur einige wichtige Wechselwirkungen aufgeführt:
- Antikoagulantien vom Cumarin-Typ: Es kann zur Wirkverstärkung kommen und eine häufigere Kontrolle der Blutgerinnung ist erforderlich.
- Zytostatika (zum Beispiel Bleomycin, Doxorubicun, Cyclophosphamid und Alkylhalogenide): Gehäuftes Auftreten von Blutbildveränderungen
- 6-Mercaptopurin oder Azathioprin – ihre Dosis sollte auf 25 Prozent der sonst üblichen Dosierung gesenkt werden.
- Ciclosporin: Die Plasmakonzentration von Ciclosporin kann erhöht sein.
- Amoxicillin, Ampicillin: Allergische Hautreaktionen können häufiger auftreten.
- Arzneimittel, die die Harnsäureausscheidung erhöhen, wie Probenecid oder Benzbromaron: Die Ausscheidung von Allopurinol wird beschleunigt und somit die Wirksamkeit herabgesetzt.
Akuter Gichtanfall: Was nun?
Liegt ein akuter Gichtanfall vor, kann versucht werden, die Entzündungskaskade zu durchbrechen und den Schmerz zu lindern. Hierfür stehen Medikamente wie Corticoide, nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) und Colchicin zur Verfügung.
Faktoren, die einen Gichtanfall begünstigen können:
Nicht immer entwickelt sich aus einem erhöhten Harnsäurespiegel gleich ein Gichtanfall. Begünstigende Faktoren können folgende sein:
- Der Verzehr großer Mengen purinreicher Lebensmittel
- Erhöhter Alkoholkonsum
- Zu wenig Bewegung
- Säfte oder Softgetränke mit zu viel Fruchtzucker
- Erhöhter körperlicher Stress zum Beispiel durch Verletzungen, Infekte oder ungewohnte Anstrengungen
- Übergewicht
- Zu schneller und hoher Gewichtsverlust, etwa durch bestimmte Erkrankungen oder radikale Null-Diäten – diese Ursache ist jedoch eher selten.
Welche Lebensmittel sind purinarm?
Besonders geeignet ist eine ovo-lacto-vegetabile Ernährung. Hier dürfen Milchprodukte, Eier und viel Gemüse gegessen werden. Ausgenommen davon sind aber purinreiche Gemüsesorten wie Kohl, Spargel, Brokkoli, Spinat und Bohnen. Milch, Käse, Quark, Eier und Joghurt oder Nudeln dürfen nach Belieben verzehrt werden. Eiweißreiche, pflanzliche Lebensmittel wie Reis, Kartoffeln oder Getreide dürfen auch gerne auf dem Speiseplan stehen. Besonders ist auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten. So sollten zwei bis drei Liter Wasser oder ungesüßter Tee getrunken werden, um die Harnsäure besser ausspülen zu können.
Welche Lebensmittel sind besonders zu meiden:
- Fettreiches Fleisch wie Gans oder Ente
- Speck, Gänseschmalz oder Mayonnaise
- Haut vom Fisch
- Innereien (Leber)
- Fettreiche Wurst
- Alkohol, insbesondere Bier, auch alkoholfreies Bier
- Softdrinks und Fruchtsäfte vorwiegend mit künstlicher Fruktose
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