Einzelimporte nach § 73 Absatz 3 Arzneimittelgesetz (AMG) können dann in der Apotheke anfallen, wenn ein Arzneimittel in Deutschland nicht verfügbar ist. Aber ganz so einfach ist das Ganze dann doch nicht, denn es müssen verschiedene Vorgaben erfüllt sein.
Nicht alle Präparate dürfen als Einzelimport aus dem Ausland bestellt und eingeführt werden. Die genauen Vorgaben sind in § 73 Absatz 3 AMG geregelt. So ist ein Import von Arzneimitteln, die zur Anwendung am Menschen bestimmt sind, ausnahmsweise gestattet, wenn:
- eine Bestellung einer Einzelperson in geringer Menge vorliegt
Merke: Ein Import auf Vorrat ist nicht erlaubt! - das Arzneimittel in dem Staat rechtmäßig in den Verkehr gebracht wurde und
- hierzulande für das Indikationsgebiet kein vergleichbares Arzneimittel in Bezug auf Wirkstoff und Wirkstärke verfügbar ist.
Ein Einzelimport ist aber auch möglich, wenn das Bundesgesundheitsministerium (BMG) einen Versorgungsmangel ausruft. Dies kann beispielsweise im Falle eines Lieferengpasses möglich sein, um den Engpass abzufedern.
Einzelimport: Wer haftet?
Gibt die Apotheke einen Einzelimport ab, kann diese haftbar gemacht werden, denn die Gefährdungshaftung des Herstellers greift nicht. Die Apotheke muss also für die Qualität und Identität des Arzneimittels garantieren und Ärzt:in und Patient:in über die der Apotheke bekannten Risiken informieren. Außerdem müssen Einzelimporte dokumentiert werden. Festzuhalten sind die Bezeichnung des eingeführten Arzneimittels, Name sowie Anschrift des Herstellers sowie des Lieferanten, Chargenbezeichnung, Menge und Darreichungsform des Arzneimittels, Name und Anschrift des/der Patient:in sowie des verschreibenden Arztes/der Ärztin, Datum der Bestellung und Abgabe sowie das Namenszeichen des abgebenden oder beaufsichtigenden Apothekers/der Apothekerin.
Kundenwunsch oder ärztliche Verordnung?
Ein Einzelimport ist nicht nur bei Vorlage einer ärztlichen Verschreibung möglich, sondern auch auf Kundenwunsch. Nämlich dann, wenn das Präparat nicht der Verschreibungspflicht unterliegt und aus der EU oder einem EWR-Land importiert wird. Was bedeutet das in der Praxis? Ist ein Präparat hierzulande nicht verschreibungspflichtig, wird auch für den Einzelimport kein Rezept benötigt – auch dann nicht, wenn das Arzneimittel im Ausland unter die Verschreibungspflicht fällt.
Soll ein verschreibungspflichtiges Produkt aus einem Nicht-EU oder EWR-Land importiert werden, ist dies nicht ohne eine gültige ärztliche Verschreibung möglich. Möglich ist die Lieferung zulasten der gesetzlichen Kassen und auch auf Vorlage eines Privatrezeptes.
Soll ein Einzelimport von der gesetzlichen Kasse übernommen werden, sollte vorab – am besten vor der Bestellung – eine Kostenübernahme eingeholt werden. Dazu heißt es im Arzneiversorgungsvertrag der Ersatzkassen: „Produkte gemäß § 73 Absatz 3 Arzneimittelgesetz (AMG) sind nur dann zulasten der jeweiligen Ersatzkasse abrechnungsfähig, wenn der Versicherte der Apotheke eine entsprechende Genehmigung der Ersatzkasse vorlegt. Dies gilt auch bei Vorliegen einer Verordnung über ein Präparat, welches auf dem deutschen Markt nicht mehr verfügbar ist, aber gemäß § 73 Absatz 1 AMG aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat beschafft werden kann.“
Bei den Primärkassen sind die einzelnen Regionalverträge zu prüfen und zu beachten. Das Einholen einer Genehmigung ist zusätzlich empfehlenswert.
Achtung: Die Genehmigung ist eine Einzelfallentscheidung und kann einige Zeit dauern. Meist müssen drei Angebote verschiedener Importeure vorgelegt werden. Außerdem sollte die Lieferzeit berücksichtigt werden, die je nach Herkunftsland auch 14 Tage betragen kann.
Wird ein Einzelimport zulasten der Kasse abgerechnet, findet bei Rx-Präparaten die Sonder-PZN 09999117 Anwendung, bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist es die 09999206. Der Preis wird gemäß der Arzneimittelpreisverordnung berechnet.
Achtung, Einzelimport nicht möglich
Arzneimittel, für die eine Dopingsperre verhängt oder deren Zulassung widerrufen oder das Ruhen der Zulassung angeordnet wurde, dürfen nicht importiert werden. Außerdem müssen die Vorgaben der Verordnung über transmissible spongiforme Enzephalopathien (TSE) zutreffend oder erfüllt sein.
Bei Betäubungsgmitteln ist eine Einfuhrgenehmigung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu beantragen.
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