Dass Vitamin D zu einer normalen Funktion des Immunsystems beitragen kann, ist wissenschaftlich unumstritten. Ein Mangel am Sonnenvitamin wird aber auch immer wieder mit akuten Atemwegsinfektionen in Verbindung gebracht. Ob Vitamin D Risiko, Dauer und Schwere akuter Atemwegsinfekte verringern kann, wurde an erwachsenen Australier*innen untersucht – die Ergebnisse wurden im „The Lancet“ veröffentlicht.
Vitamin D ist ein wahres Multitalent und an verschiedenen Prozessen im menschlichen Körper beteiligt. Dazu zählen verschiedene Stoffwechselvorgänge, die Bildung von Proteinen sowie die Steuerung von Genen, die Aufnahme von Calcium und Phosphat in die Knochen sowie die Hemmung der Parathormonbildung. Forscher*innen wollten nun die Frage beantworten, wie sich eine Vitamin-D-Supplementierung auf einen akuten Atemwegsinfekt bei älteren australischen Erwachsenen auswirkt.
Das Team analysierte Daten aus der D-Health-Studie; einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie zur monatlichen Vitamin-D-Supplementierung. 21.315 Teilnehmer*innen im Alter von 60 bis 79 Jahren wurden insgesamt randomisiert und 15.373 in die Analyse einbezogen. Die Proband*innen erhielten nach dem Zufallsprinzip Vitamin D oder Placebo als Gelkapsel und wurden über fünf Jahre beobachtet. Sie wurden gebeten, das Auftreten akuter respiratorischer Symptome über Umfragen zu melden. Außerdem wurden einige Teilnehmer*innen gebeten, im Winter über einen Zeitraum von acht Wochen ein Tagebuch über respiratorische Symptome zu führen.
In Blutproben, die während des gesamten Versuchs von zufällig ausgewählten Teilnehmer*innen entnommen wurden, betrug die mittlere Serum 25 (OH) D-Konzentration in der Vitamin D-Gruppe 114,8 nmol/l und 77,5 nmol/l in der Placebogruppe (somit lagen Verum- und Placebogruppe im vom Robert Koch-Institut definierten Normbereich von 75 bis 125 nmol/l „ausreichende Versorgung in Bezug auf die Knochengesundheit ohne weiteren Zusatznutzen für die Gesundheit“).
„Eine Vitamin-D-Supplementierung reduzierte das Risiko einer akuten Infektion der Atemwege nicht“, schreiben die Forscher*innen. Zwar zeigten die Analysen der Tagebuchdaten eine Verringerung der Gesamtdauer der Symptome, allerdings sei es unwahrscheinlich, dass die Verringerung klinisch signifikant war.
„Monatliche Bolusdosen von 60.000 IE Vitamin D reduzierten das Gesamtrisiko einer akuten Infektion der Atemwege nicht, konnten jedoch die Dauer der Symptome in der Allgemeinbevölkerung geringfügig verkürzen“, schlussfolgern die Forscher*innen. „Diese Ergebnisse legen nahe, dass eine routinemäßige Vitamin-D-Supplementierung einer Population, die größtenteils mit Vitamin D versorgt ist, wahrscheinlich keine klinisch relevante Wirkung auf eine akute Infektion der Atemwege hat.“
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) kam vor Monaten zu einem ähnlichen Ergebnis. Laut DGE geben epidemiologische Studien erste Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Vitamin D-Status und akuten Atemwegsinfekten. So könnten Personen mit einen Vitamin-D Mangel (Serumkonzentration von 25 (OH) D: < 25 nmol/l) durch die Einnahme von niedrig dosiertem Vitamin D von 7,5-100 µg/Tag oder 35-500 µg/Woche die Häufigkeit von akuten Atemwegsinfekten reduzieren. Für hochdosierte Einmalgaben von mehr als 750 µg Vitamin D pro Tag konnte allerdings kein Zusammenhang beobachtet werden. Auch bei einem akuten Atemwegsinfekt konnte kein Einfluss einer Behandlung mit dem Sonnenvitamin festgestellt werden.
Das Fazit der DGE: „Anhand der bisherigen Studienergebnisse kann keine generelle Empfehlung für die Einnahme von Vitamin D-Präparaten zur Vorbeugung akuter Atemwegsinfekte ausgesprochen werden.“
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