Die virale Interferenz macht es möglich, dass ein ganz normaler Schnupfen vor Influenza schützen kann. Weil das Immunsystem mit der Abwehr der Rhinoviren beschäftigt ist, haben es andere Viren schwerer, Atemwegszellen zu infizieren. Da stellt sich die Frage, ob ein gewöhnlicher Schnupfen auch vor einer Covid-19-Infektion schützen kann. Die Antwort liefern die Ergebnisse einer In-vitro-Studie, die im Fachjournal „Lancet Microbe“ veröffentlicht wurden.
Als 2009 die Schweinegrippe auftrat, deutete einiges darauf hin, dass die Ausbreitung des neuartigen Influenza-A-Virus vom harmlosen, durch Rhinoviren ausgelösten Schnupfen eingedämmt wurde. Denn das Virus erreichte Europa in der Zeit, als die jährliche Herbst-Winter-Rhinovirus-Epidemie ihr Unwesen trieb. Die Schweinegrippe verlief in Europa verhältnismäßig mild. Wissenschaftler brachten die virale Interferenz der Rhinoviren ins Spiel. Ein Forscherteam der Medizinischen Fakultät der Yale University um Anchi Wu hat untersucht, ob Schnupfenviren das Auftreten von Influenza hemmen können und haben daraus einen Zusammenhang zu SARS-CoV-2 hergestellt.
Das Team hat das gleichzeitige Auftreten von Rhinoviren und dem Influenza-A-Virus (IAV) in etwa 13.000 Atemwegsproben von Erwachsenen untersucht und zwar in drei aufeinanderfolgenden Erkältungsssaisons – Vom 1. November 2016 bis 1. März 2017, sowie 2017/18 und 2018/19. Dazu wurden Epithelkulturen der menschlichen Atemwege mit Rhinoviren und nach drei Tagen mit Influenzaviren infiziert. Das Ergebnis: Das Influenzavirus konnte sich in den mit Rhinoviren infizierten Zellen schlechter vermehren als in Zellen, die nicht vorinfiziert waren.
„PCR-Tests zeigen eine mehr als 15-fache Reduktion der Influenza-Viruslast sowohl 24 als auch 48 Stunden nach der Infektion“, so die Wissenschaftler. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass entweder eine Vorbehandlung mit Interferon oder eine frühere Infektion mit Rhinoviren die IAV-Replikation unterdrückt.“ Ursache ist die virale Interferenz. Werden virale Nukleinsäuren von angeborenen Immunsensoren in infizierten Zellen entdeckt, kommt es zur Produktion von Typ-I- und Typ-III-Interferonen und zur Induktion antiviraler Interferon-stimulierenden-Genen (ISG).
Interferon wurde erstmals 1957 von Isaacs und Lindemann in einer Reihe von Experimenten entdeckt, die zeigten, dass eine Substanz, die von virus-exponierten Eimembranen produziert wird, die Infektion mit Influenzaviren in naiven Eiern verhindern könnte.
Schützen Rhinoviren vor Corona?
Die Wissenschaftler sehen einen möglichen Zusammenhang zu Corona. So bestehe die Möglichkeit, dass eine Infektion mit Rhinoviren die Ausbreitung von Corona zumindest bremsen könnte. Studien würden dafür sprechen, dass SARS-CoV-2 ebenfalls durch Interferone gehemmt werde; ähnlich wie Influenzaviren. Allerdings weisen die Forscher darauf hin, dass bisher nicht bekannt ist, ob eine solche Störwirkung zwischen Rhinoviren und dem neuartigen Coronavirus besteht.
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