332 Positionen zählt die Liste der beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldeten Lieferengpässe. Die Zahl ist jedoch höher, denn nicht alle Ausfälle werden der Behörde mitgeteilt. Den Mangel verwalten müssen die Apotheken – und mitunter am HV zaubern. Die SARS-CoV-2 Arzneimittelversorgungsverordnung bietet verschiedene Erleichterungen, wie eine Abweichung von der Wirkstärke.
Wie immer gilt auch bei der Rezeptbelieferung während der Covid-19-Pandemie: Das Rabattarzneimittel ist vorrangig abzugeben. Ist das abzugebende Arzneimittel in der Apotheke jedoch nicht vorrätig, sollte die erste Wahl auf Lagerware fallen, denn es darf auf ein in der Apotheke vorrätiges wirkstoffgleiches Präparat ausgetauscht werden – möglich ist auch die Abgabe eines lieferbaren wirkstoffgleichen Medikaments. Ist allerdings das abzugebende Arzneimittel verfügbar, muss dieses bestellt werden und nicht das wirkstoffgleiche Arzneimittel. Ist weder das verordnete noch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel lieferbar, darf in Rücksprache mit dem Arzt auf ein pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arzneimittel ausgewichen werden. Das gilt auch im Falle eines Austauschverbotes durch den Arzt (Aut-idem-Kreuz).
Apotheken dürfen jedoch aufgrund der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung auch ohne Rücksprache mit dem Arzt von der Verordnung abweichen. Möglich ist dies in Bezug auf die Packungsgröße, auch wenn es zu einer Überschreitung der nach Packungsgrößenverordnung definierten Messzahl kommt, sowie auf die Packungsanzahl, die Abgabe von Teilmengen und die Wirkstärke.
Abweichung von der Wirkstärke erlaubt
Ist das abzugebende Arzneimittel in der rezeptierten Wirkstärke nicht lieferbar, kann auf eine andere Wirkstärke ausgetauscht werden – ausgenommen sind Substitutionsmittel. Apotheken müssen beachten, dass im Falle eines Austauschs die verordnete Gesamtmenge des Arzneimittels nicht überschritten werden darf und keine pharmazeutischen Bedenken bestehen dürfen.
Dem Patienten muss also klar sein, dass sich bei einem Austausch der Wirkstärke auch die Dosierung ändert. Werden beispielsweise 2,5 mg statt der verordneten 5 mg abgegeben, muss dem Patienten klar sein, dass entsprechend zwei Tabletten eingenommen werden müssen, um auf die übliche Dosierung zu kommen.
Es dürfen zwei Packungen à 2,5 mg zu 100 Stück abgegeben werden, wenn 100 Stück zu 5 mg verordnet sind. Die Zuzahlung wird zweimal fällig.
Andersherum verhält es sich, wenn die doppelte Wirkstärke geliefert wird. Dann muss der Patient nur eine halbe Tablette einnehmen, sonst besteht die Gefahr einer Überdosierung. Außerdem muss die Apotheke gewährleisten, dass auch ein teilbares Arzneimittel abgegeben wird.
Es dürfen nur 50 Tabletten zu 10 mg statt 100 Stück zu 5 mg abgegeben werden.
Sonder-PZN und Faktor nicht vergessen
Wird eine andere Wirkstärke geliefert, dürfen das Sonderkennzeichen und die zugehörigen Faktoren auf der Verordnung nicht fehlen. Aufzudrucken sind die Sonder-PZN 02567024 und Faktor 5 oder 6. Es empfiehlt sich zudem ein handschriftlicher Vermerk mit Hinweis auf eine Akutversorgung wegen Corona.
Keine Retaxgefahr
Die Erleichterungen der Arzneimittelabgabe sind in § 1 Absatz 3 SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung aufgeführt. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat für die Sonderregelungen Retaxationen ausgeschlossen. Zu finden ist der entsprechende Passus in Absatz 4: „Abweichend von den Regelungen in dem Rahmenvertrag nach § 129 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch findet in den Fällen des Absatzes 3 keine Beanstandung und Retaxation statt.“
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