Schwanger in der Apotheke: Beschäftigungsverbot trotz Corona-Lockerungen?
Im Mai wurde die allgemeine Ausgangsbeschränkung aufgehoben, Kontaktbeschränkungen mit Distanzgebot gelten allerdings noch immer. Während in Bayern Ende März bei Ausgangsbeschränkungen ein betriebliches Beschäftigungsverbot für werdende Mütter angezeigt war, stellt sich jetzt die Frage, wie es nach den Lockerungen um das Beschäftigungsverbot für Schwangere in der Apotheke steht.
Gemäß § 11 Absatz 2 und § 12 Absatz 2 Mutterschutzgesetz (MuSchG) dürfen Arbeitgeber Schwangere und Stillende weder Tätigkeiten ausüben lassen noch Arbeitsbedingungen aussetzen, bei denen sie mit Biostoffen der Risikogruppe 2, 3 oder 4 in Kontakt kommen oder kommen können, die für die Frau oder das Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellen.
Das neuartige Coronavirus wird nach § 2 Biostoffverordnung (BioStoffV) als Biostoff eingestuft. Der Apothekenleiter ist somit verpflichtet, gemäß § 4 BioStoffV eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen und Schutzmaßnahmen festzulegen, um die Mitarbeiter im Fall einer SARS-CoV-2-Pandemie vor einer Infektion zu schützen. Das neuartige Coronavirus wird seit Februar vom Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) den luftübertragbaren Erregern der Risikogruppe 3 zugeordnet. Apothekenleiter müssen also eine Entscheidung über ein Beschäftigungsverbot für Schwangere, Stillende und Jugendliche in ihrer Apotheke treffen. Die Verantwortung für die Einhaltung der Vorgaben des MuSchG liegt immer beim Apothekeninhaber.
Schwanger in der Apotheke: Wann gilt ein Beschäftigungsverbot?
Zunächst sei laut Empfehlungen der Bundesapothekerkammer (BAK) zu prüfen, ob gegebenenfalls Regelungen der Landesbehörden zum Mutterschutz erlassen worden sind. Ist dies der Fall, seien diese zu befolgen. Wenn nicht, sollten die Ausführungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) berücksichtigt werden.
„Aktuell gibt es keine Daten zur Empfänglichkeit für eine SARS-CoV-2-Infektion in der Schwangerschaft. Aufgrund der physiologischen Anpassungen und immunologischen Vorgänge kann eine erhöhte Empfänglichkeit nicht ausgeschlossen werden. Im Fall einer Infektion scheinen Schwangere jedoch häufiger keine oder nur milde Symptome, zum Beispiel seltener Fieber, zu entwickeln. […] Zur Frage der Schwere des Krankheitsverlaufs geben die bisherigen Studien und Fallberichte, in denen Schwangere mit Covid-19 untersucht wurden, keinen Hinweis darauf, dass die Krankheit bei Schwangeren schwerer verläuft als bei Nicht-Schwangeren, in Einzelfällen kann eine intensivmedizinische Behandlung erforderlich sein“, schreibt die BAK.
Eine Hilfestellung bei der Entscheidung, ob ein Beschäftigungsverbot für eine schwangere Mitarbeiterin ausgesprochen werden sollte, gibt das Informationspapier vom Ausschuss für Mutterschutz.
Ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung, dass eine Beschäftigung der Schwangeren in der Apotheke oder im Homeoffice nicht möglich ist, sollte sich der Apothekeninhaber vor Ausspruch des Beschäftigungsverbotes an die Krankenkasse der werdenden Mutter wenden.
Beschäftigungsverbot: Klare Worte in Bayern
Das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS) sieht trotz Lockerungen keine Abweichungen beim Beschäftigungsverbot im Vergleich zur Zeit der Ausgangsbeschränkungen. „Der Unterschied zur bisherigen Ausgangsbeschränkung ist aus unserer Sicht allerdings nicht so groß, das mutterschutzrechtlich derzeit schon deutliche Lockerungen bei den Beschäftigungsverboten möglich wären – dies auch unter Berücksichtigung der aktuellen epidemiologischen Lage in Bayern.“
So müsse der Arbeitgeber gegenüber einer schwangeren Mitarbeiterin ein betriebliches Beschäftigungsverbot aussprechen, wenn er die Beschäftigung der werdenden Mutter nicht ohne Gefährdung der Gesundheit der Schwangeren oder ihres Kindes fortsetzen kann. Ob die Beschäftigung ohne Schutzmaßnahmen weitergeführt werden kann oder ob die Notwendigkeit besteht, die Arbeitsbedingungen umzugestalten, muss der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung prüfen. Besteht am Arbeitsplatz der schwangeren Mitarbeiterin eine Infektionsgefahr aufgrund von Personenkontakten – wie es in der Offizin der Fall ist – und ist eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen oder eine Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz wie beispielsweise Homeoffice nicht möglich, sollte die werdende Mutter ganz oder teilweise freigestellt werden.
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