Zum 1. Juli 2020 wurde der Umsatzsteuersatz von 19 auf 16 Prozent gesenkt. Apotheken mussten zum Stichtag Verschiedenes beachten und vorbereiten. Doch auch einige Tage nach der Umstellung sind noch immer Fragen offen – beispielsweise zur monatsübergreifenden Abrechnung von Hilfsmitteln wie Milchpumpen.
Welcher Umsatzsteuersatz abgerechnet wird, ist vom Tag der Leistungserbringung abhängig. Wurde ein Kostenvoranschlag zum alten Umsatzsteuersatz genehmigt, aber wird erst im Juli geliefert, wenn der ermäßigte Mehrwertsteuersatz gilt, muss auch zu diesem abgerechnet werden. Wie verhält es sich aber, wenn im Abrechnungszeitraum beide Umsatzsteuersätze in Frage kommen, weil monatsübergreifend abgerechnet wird?
Beispiel
Der Apotheke liegt eine Verordnung über eine Milchpumpe vor, die monatsübergreifend abgerechnet werden muss, denn die Verleihdauer beträgt vier Wochen und das Rezept wurde am 15. Juni ausgestellt und entsprechend beliefert. Somit greift bis zum 30. Juni der alte Umsatzsteuersatz und ab 1. Juli der ermäßigte – oder? Wie wird abgerechnet? Kopie erstellen und für beide Zeiträume getrennt abrechnen? Kopien sind ja auch bei der Abrechnung von Dauerverordnungen von Inkontinezprodukten erlaubt. Oder doch zwei Abrechnungszeilen aufdrucken? Nur einen Umsatzsteuersatz abrechnen oder ein Rezept ab 1. Juli anfordern?
Vermutlich erzeugt am Ende jede Variante der monatsübergreifenden Abrechnung der Milchpumpe ein entsprechendes Chaos – Retaxprobleme und auch steuerliche Probleme. Ein Revival gibt es dann zum 1. Januar 2021, wenn wieder der alte Umsatzsteuersatz gültig ist.
Milchpumpe monatsübergreifend abrechnen: Möglichkeiten gibt es viele – und Antworten auch
Eine einheitliche Regelung für alle Kassen gibt es nicht. Laut GKV-Spitzenverband sollte in diesem Fall der Steuerberater die Antwort liefern, denn diese sei im Handels-/Umsatzsteuerecht zu finden. Der GKV-Spitzenverband liefert dennoch eine Antwort: „Entscheidend ist der Tag, an dem der Apotheker seine Leistung erbringt. Die Umsatzsteuer, die an diesem Tag der Leistungserbringung gilt, muss angesetzt werden – auch wenn es einen monatsübergreifenden Verlauf gibt“, teilt eine Sprecherin mit.
DAK: Zwei Verordnungszeilen
Bei der DAK wird die Miete pro Tag abgerechnet. „Unseres Wissens nach sollten die Mietzeiträume daher bis 30. Juni und ab 1. Juli 2020 bei der Abrechnung getrennt werden“, teilt ein Sprecher mit. Die Apotheke kann „mit zwei Verordnungszeilen auf dem Rezept“ abrechnen. „Mehrere Rezepte sind dafür nicht nötig.“
AOK kann nicht helfen
Der AOK-Bundesverband verweist auf eine „steuerrechtliche Beratung, die fundiert nur in Kenntnis der jeweils zugrunde liegenden, regional unterschiedlichen Vertragssituation erfolgen könnte“, so ein Sprecher. „Leider können wir hier nicht weiterhelfen.“
Barmer: Tag der Abgabe zählt
„Letzten Endes zählt nur der Tag der Abgabe“, teilt ein Sprecher mit. „Wenn die Milchpumpe am 15. Juni 2020 ausgegeben wurde, dann muss hier der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent ausgewiesen werden. Dabei spielt es keine Rolle, dass sich die Verordnung bis in den Juli hinein erstreckt. Es bleibt bei 19 Prozent.“ Anders sieht es aus, wenn die Milchpumpe erst am 1. Juli 2020 oder später von der Apotheke ausgegeben worden wäre, dann müsse der Mehrwertsteuersatz von 16 Prozent ausgewiesen werden.
TK: Verschiedene Zeiträume ausweisen
Auch bei der TK muss die Apotheke die verschiedenen Zeiträume vermerken. Soll eine Milchpumpe abgerechnet werden, „muss der Vermieter lediglich die verschiedenen Zeiträume auf seiner Rechnung ausweisen und die jeweils gültige Mehrwertsteuer entsprechend ausweisen.“
Und was sagt der DAV?
Der DAV verweist auf den GKV-Spitzenverband. „Nach unseren Informationen wird der GKV-Spitzenverband in Kürze seine Handlungsempfehlungen zu den Auswirkungen der befristeten Absenkung des allgemeinen und ermäßigten Umsatzsteuersatzes in der Hilfsmittelversorgung herausgeben. Sollten wir hierzu konkrete Informationen erhalten, stellen wir als DAV den Landesapothekerverbänden diese Informationen natürlich umgehend zur Verfügung.“
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