Tröpfchen und Aerosol: SARS-CoV-2 kann per Tröpfchen und, wie Studien zeigen, auch per Aerosol übertragen werden. Liegt das Virus also in der Luft? US-Wissenschaftler hatten bereits im März herausgefunden, dass das Virus bis zu drei Stunden im Aerosol infektiös bleiben kann.
Erste Laboruntersuchungen zeigten, dass das SARS-CoV-2 bei einer starken Kontamination in Abhängigkeit von der Oberfläche über unterschiedliche Zeiträume infektiös bleiben kann. Laut einem Preprint-Artikel kann das Virus bis zu drei Stunden als Aerosol, bis zu vier Stunden auf Kupferoberflächen, bis zu 24 Stunden auf Karton und bis zu zwei oder drei Tage auf Edelstahl und Plastik infektiös bleiben. Allerdings sinkt die Gefahr einer Infektion im angegebenen lebensfähigen Zeitraum.
Tröpfchen oder Aerosol
Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass Partikel mit einem Durchmesser von mehr als 5 μm als Tröpfchen und jene unter 5 μm als Aerosole bezeichnet werden können. Tröpfchen werden beim Niesen, Husten und Sprechen frei und können in einem Abstand von 1,5 bis 2 Metern übertragen werden. Tröpfchen sinken aufgrund ihrer Schwere zu Boden. Aerosole hingegen verbleiben in der Luft und können bei Luftbewegung weitergetragen werden. Außerdem werden die Aerosole mit der Zeit leichter und kleiner, da ihre Wasserhülle verdunstet, allerdings kann das Virus dadurch an Infektiosität verlieren. Zu Beginn der Corona-Krise wurde der Übertragung durch Aerosole – die Luft – nur wenig Bedeutung zugesprochen.
Ein chinesisches Forscherteam untersuchte, welche Rolle das Aerosol bei der Übertragung von SARS-CoV-2 spielt. Dazu wurde der Ausbruch der Erkrankung von drei Familien untersucht, die in einem Restaurant in Goangzhou am chinesischen Neujahrstag zu Mittag aßen. Das Team sammelte epidemiologische Daten, besorgte sich die Videoaufzeichnung und den Sitzplan der 15 Tische und 68 Gäste aus dem Restaurant, wo es einen verdächtigen Indexpatienten gab, der am Tag des Restaurantbesuchs Symptome entwickelte. Außerdem hatten sich am besagten Tag neun weitere Personen an drei unterschiedlichen Tischen mit dem Virus infiziert. Kellner hatten sich nicht angesteckt, ebenso keiner der Gäste auf den anderen Etagen den fünfstöckigen Restaurants.
Die Wissenschaftler führten Computersimulationen des Luftstroms durch, um die Ausbreitung des Aerosols nachzustellen und zu untersuchen. Die einzelnen Familienmitglieder hatten untereinander keinen engen Kontakt. Allerdings befanden sich alle Personen maximal 4,6 Meter vom Indexpatienten entfernt im Luftstrom einer Klimaanlage. Die Ergebnisse zeigen, dass eine Übertragung per Aerosol in schlechtbelüfteten Räumen über kurze Entfernungen eine Rolle spielen kann.
Aerosol bei SARS-CoV-2 als Hauptübertragungsquelle?
Dass Aerosole bei der Übertragung von SARS-CoV-2 eine Rolle spielen, hatte Virologe Professor Dr. Christian Drosten von der Charité in der vergangenen Woche in seinem Podcast (NDR Info) gesagt. „Wenn ich das alles zusammenfasse, dann ist mein Bauchgefühl: Fast die Hälfte der Übertragung ist Aerosol, fast die andere Hälfte der Übertragung ist Tröpfchen und vielleicht 10 Prozent der Übertragung ist Schmierinfektion oder Kontaktinfektion. Wenn man sagt, irgendetwas klebt an den Händen.“
Ist eine Desinfektion aufgrund des geringen Ünbertragungsanteils durch Schmierinfektionen also überflüssig? „Zum Beispiel ist für mein Gefühl das ständige Hinweisen auf Händewaschen und Desinfektionssprays, die man auf Oberflächen sprüht, total übertrieben. Also ich glaube, dass man damit nicht so viel bewirken kann durch das viele Händewaschen und das viele Desinfizieren – und dass man im Umkehrschluss auch nicht sagen kann, wir machen jetzt hier alles auf, weil wir ja jede Menge Desinfektionsmittel versprühen und uns immer schön die Hände waschen“, so Drosten.
„Wenn die Leute dicht an dicht in einem Raum sitzen, halte ich das auch für gefährlich. Es gebe aber auch eine gute Botschaft: „Man muss dann nicht sagen, alle Restaurants müssen weiter geschlossen bleiben, sondern man kann auch sagen, es wird Sommer und der Außenbereich ist zunächst einmal als eine relativ sichere Zone einzustufen.“
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