Anwendungsstopp für Ranitidin empfohlen: Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagenzur (EMA) hat die Aussetzung aller Ranitidin-haltigen Arzneimittel empfohlen. Ursache sind geringe Mengen der potentiell krebserregenden Verunreinigung N-Nitrosodimethylamin (NDMA).
NDMA auch in Ranitidin-haltigen Arzneimitteln?
NDMA machte im Zuge des Valsartan-Skandals von sich reden. Das Nitrosamin wird aufgrund von Tierversuchen als potentielles Humankarzinogen eingestuft. Bei Nagetieren wurde eine kanzerogene Wirkung auf Leber, Niere, Lunge und Blutgefäße bereits bei einer Gesamtdosis von 1 mg/kg Körpergewicht festgestellt. Entsprechende Daten zur Wirkung am Menschen gibt es bislang nicht, jedoch könne aufgrund der Gewebeähnlichkeit auf eine kanzerogene Wirkung geschlossen werden. Die Substanz ist in einigen Nahrungsmitteln wie gepökeltem Fleisch und auch Trinkwasser enthalten. Wird sie in geringen Mengen aufgenommen, wird keine Schädigung des menschlichen Körpers angenommen.
Im September hatte die US-Versandapotheke Valisure das potentiell krebserregende Nitrosamin im H2-Rezeptor-Antagonisten nachgewiesen und die US-Arzneimittelbehörde FDA informiert. Der Grenzwert für NDMA lag zum damaligen Zeitpunkt bereits bei einer maximalen täglichen Aufnahmegrenze von 96 ng. Valisure konnte jedoch mehr als 3 mg NDMA in einer Ranitidin-haltigen Tablette nachweisen. Die EMA nahm daraufhin ebenfalls ihre Arbeit auf und prüfte Ranitidin-haltige Arzneimittel und deren Risiko.
Frage zur Quelle der Verunreinigung unbeantwortet
„Die verfügbaren Sicherheitsdaten zeigen nicht, dass Ranitidin das Krebsrisiko erhöht“, so die EMA. Jedoch wurde NDMA in mehreren Ranitidin-haltigen Medikamenten oberhalb der als akzeptabel erachteten Mengen nachgewiesen und die Fragen zur Quelle der Verunreinigungen seien ungelöst. Es gebe jedoch Hinweise darauf, dass NDMA aus dem Abbau von Ranitidin selbst entstehen könne. Die Konzentrationen würden im Laufe der Haltbarkeitsdauer zunehmen. „Es ist nicht klar, ob NDMA auch aus Ranitidin im Körper gebildet werden kann.“ Die Studienlage dazu sei widersprüchlich. „Angesichts der Unsicherheiten hat der CHMP eine vorsorgliche Aussetzung Ranitidin-haltiger Arzneimittel in der EU empfohlen.“
Ranitidin und die Hitze
Untersuchungen in den USA zeigen, dass Ranitidin hitzeinstabil ist. Vorläufige Analyseergebnisse zeigen, dass der Wirkstoff bei Raumtemperatur scheinbar stabil ist und bei Temperaturen von etwa 70 Grad akkumuliert. Die Daten zeigen außerdem, dass bei 25 Grad kaum eine Veränderung der NDMA-Konzentration zu verzeichnen ist. Bei einer Temperatur von 70 Grad steigt der NDMA-Wert und erreicht nach 14 Tagen einen Wert von etwa 70 ng und bleibt damit unter dem empfohlenen Maximum. Dieses wird jedoch bei Temperaturen über 70 Grad bereits innerhalb von weniger als vier Tagen überschritten. Nach zwölf Tagen werden NDMA-Werte von etwa 140 ng erreicht.
Ranitidin wird zur Senkung des Magensäure-Spiegels bei Patienten mit Sodbrennen oder Magengeschwüren eingesetzt. Die Substanz blockiert den H2-Rezeptor, so werden die histaminabhängige Produktion der Salzsäure und die Freisetzung von Pepsin im Magen gehemmt. Der Wirkstoff kann als Magenschutz, gegen Sodbrennen, Reflux und Ösophagitis eingesetzt werden. Im Handel sind OTC-Präparate zu 75 mg oder verschreibungspflichtige Varianten zu 150 und 300 mg.
Bereits vor einigen Monaten wurden Ranitidin-haltige Arzneimittel in Deutschland vorsorglich zurückgerufen. Betroffen waren sowohl OTC- als auch verschreibungspflichtige Varianten. Patienten können auf Alternativen zurückgreifen.
Die endgültige rechtsverbindliche Entscheidung, ob die Zulassungen für Ranitidin-haltige Arzneimittel ruhen müssen, liegt bei der Europäischen Kommission.
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