Aufheben statt vernichten: Am 25. März fand ein Sonder-Jour-Fixe zur aktuellen Versorgungslage im Kontext von Covid-19 statt. Um die Arzneimittelversorgung zu sichern, sollen Arzneimittel mit formalen Mängeln nicht vernichtet, sondern als Reserve aufgehoben werden. Außerdem sehen die Experten eine Entspannung bei der Versorgung mit Paracetamol. Engpässe bei anderen Wirkstoffen seien nur schwer vorhersehbar.
Arzneimittelversorgung als gut zu bewerten
Aus Sicht der Beteiligten der Sondersitzung sei die flächendeckende Arzneimittelversorgung in Deutschland weiterhin grundsätzlich als gut zu bewerten. Zeichne sich ein Engpass einzelner Wirkstoffe ab, werde übergreifend nach Lösungen gesucht, um die Versorgung sicherzustellen. Sondereffekte gelten als besondere Herausforderungen, die bedarfsgerechte Versorgung zu sichern. Dazu zählen unter anderem:
- die Sicherstellung der Produktion in von SARS-CoV-2 betroffenen Regionen, die Sicherstellung der Arbeits- und Produktionsfähigkeit in den pharmazeutischen Unternehmen, insbesondere die Ausstattung mit Schutzbekleidung für die GMP-konforme Herstellung in Betrieben, Apotheken und Arztpraxen in Deutschland,
- die Sicherstellung des grenzübergreifenden Handels mit Ausgangsstoffen, Wirkstoffen und Arzneimitteln,
- eine angemessene flächendeckende Verteilung von Arzneimitteln,
- die erhöhte Nachfrage und Bevorratung durch Privatpersonen.
In der aktuellen Situation sei gegenseitige Solidarität das oberste Prinzip.
Arzneimittel mit formalen Mängeln als Reserve
Die Experten empfehlen, Arzneimittel, die aufgrund formaler Mängel nicht freigegeben werden konnten, aber keinen Qualitätsmangel aufweisen, vorerst nicht zu vernichten. Stattdessen sollen die Präparate für den Fall eines Versorgungsmangels verfügbar bleiben. Werde ein Versorgungsmangel nach § 79 Absatz 5 Arzneimittelgesetz bekanntgegeben, könnten die zurückgestellten Präparate gegebenenfalls für den Verkehr freigegeben werden.
Wurden für ein Arzneimittel die Anforderungen der Fälschungsschutzrichtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt, könnten die Präparate im Falle eines Versorgungsmangels für den Klinikbereich nutzbar gemacht werden, sofern Bedarf bestehe.
Entspannung bei Paracetamol
Aufgrund der Corona-Pandemie sei die Nachfrage bei Paracetamol gestiegen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte Apotheken aufgefordert, Paracetamol nur noch im akuten Bedarfsfall in der für die Behandlung erforderlichen Menge abzugeben, wenn keine Alternative zur Verfügung steht. „Die Situation um Paracetamol entspannt sich zunehmend“, ist im Kurzprotokoll zum Sonder-Jour Fixe zu lesen. Der Fall zeige jedoch, dass es schwer vorhersehbar sei, für welche Arzneimittel ein plötzlicher, wenn auch gegebenenfalls unbegründeter, Mehrbedarf entstehe. Daher werde angeregt, in der aktuellen Situation die allgemeine Empfehlung des Bundesinstituts für Arzneimittel (BfArM) auch breit auszulegen. Es solle engmaschig geprüft werden, ob und für welche Produkte Aufweichungen möglich seien.
Versorgungslage bei Desinfektionsmitteln angespannt
Die Situation bei der Versorgung mit Desinfektionsmitteln sei weiterhin angespannt. Jedoch zeigten die getroffenen Maßnahmen zunehmend Wirkung. Neben der Verfügbarkeit des Ethanols sei aber auch die Beschaffung von Behältnissen für kleine Gebindegrößen eine Herausforderung.
Preissteigerungen
Die weltweite Corona-Pandemie habe bereits zu großen Preissteigerungen unter anderem bei Wirkstoffen und Transport geführt. „Die Beteiligten des Jour Fixe vertreten die Auffassung, dass die erhöhten Produktions- und Transportkosten in dieser Phase nicht zu einer weiteren Reduzierung an potentiell verfügbaren Arzneimitteln führen soll.
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
21.000 Euro weniger: PTA-Gehalt stark unter Durchschnitt
Rund 52.300 Euro brutto verdienen Erwerbstätige hierzulande pro Jahr im Durchschnitt. PTA können da nicht mithalten. Im Gegenteil: Je nach …
Drei-Tage-Regel bei Krankschreibung: Wochenende zählt mit
An einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) führt meist kein Weg vorbei, wenn Angestellte auf der Arbeit krankheitsbedingt ausfallen. Seit rund zwei Jahren …
Lieferengpässe: ALBVVG bringt keine Besserung
Lieferengpässe sind Dauerthema in den Apotheken. Derzeit sind mehr als drei Millionen Versicherte von Engpässen betroffen. Das ist das Ergebnis …