Trotz dünner Datenlage rät die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bei einem Verdacht auf Covid-19 davon ab, Ibuprofen ohne ärztlichen Rat einzunehmen.
Am Wochenende sorgte eine Sprachnachricht für Verunsicherung. Darin erzählt Mama Elisabeth ihrer Freundin Isabella, dass die Einnahme des nicht-steroidalen Antirheumatikums Ibuprofen zu schweren Covid-19-Verläufen führen kann. Angeblich hätten Mediziner der Uniklinik in Wien Forschungen angestellt, weshalb es in Italien zu den hohen Zahlen an schweren Verläufen gekommen ist. Die Medizinische Universität Wien weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass es sich hierbei um Fake-News handelt, die in keinerlei Zusammenhang mit der Uni stehen.
WHO rät von Ibu im Verdachtsfall ab
WHO-Sprecher Christian Lindmeier rät in Genf trotz unklarer Datenlage davon ab, bei Verdacht auf eine Covid-19-Infektion ohne ärztlichen Rat Ibuprofen einzunehmen, auch wenn es keine neuen Studien gebe, aus denen hervorgehe, dass der Arzneistoff mit einer höheren Sterblichkeit verbunden sei. Die Experten prüften die Lage. „Wir raten, im Verdachtsfall Paracetamol und nicht Ibuprofen einzunehmen“, so Lindmeier. Die Empfehlung beziehe sich ausschließlich auf die Einnahme ohne ärztlichen Rat.
Auch der französische Gesundheitsminister rät von Ibuprofen ab
Mit einem Tweet hatte der französische Gesundheitsminister am Wochenende Aufsehen erregt. Auch er warnte vor dem entzündungshemmenden Arzneistoff. Der nationale Gesundheitsdirektor Jérôme Salomon hatte sich ähnlich geäußert und von der Einnahme von NSAR (neben Ibuprofen zählen auch ASS und Diclofenac zur Stoffgruppe) abgeraten. Zwar gibt es einen Beitrag im Fachjournal „The Lancet“, in dem eine mögliche unerwünschte Wirkung von Ibuprofen erwähnt wird, allerdings ist die Fallzahl der Studie äußerst gering.
Ibu hemmt die Blutgerinnung
Der Virologe Professor Dr. Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) schloss am Wochenende nicht aus, dass insbesondere ASS, aber auch Ibuprofen bei der Lungenerkrankung Covid-19 nicht hilfreich sein könnten. „Ibuprofen hemmt die Blutgerinnung, das wäre ein möglicher Hinweis“, erläutert der Virologe. Damit steige das Risiko für innere Blutungen. „Bei Paracetamol ist das nicht der Fall.“
Keine Daten zu schweren Nebenwirkungen
Professor Dr. Christian Drosten, Chef-Virologe der Charité, hält die Aussage, dass Ibuprofen den Zustand bei Covid-19 verschlimmere, jedoch für unseriös, wie er dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) berichtet. Denn Ibuprofen könne gerade bei Erkältungssymptomen wie Gliederschmerzen hilfreich sein. Das derzeit vorherrschende Coronavirus sei zwar neu – doch das bedeute nichts, wie Drosten erklärt. Andere Coronaviren seien schließlich bekannt und da gebe es bisher keinen Hinweis darauf, dass Ibuprofen den Gesundheitszustand nach einer Infektion verschlechtern würde. „Es gibt keine Daten dazu, dass Ibuprofen schwere Nebenwirkungen in Kombination mit einer Corona-Infektion auslöst.“
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