Keine Chance der Attacke: Ein Migräneanfall kommt plötzlich und oft unvorhergesehen. Der Kopfschmerz kann die Betroffenen für bis zu 72 Stunden außer Gefecht setzen. Weil die Attacken mehrmals im Monat auftreten können – mehr als 15 Mal! –, ist die Lebensqualität stark beeinträchtigt. Neue Therapieoptionen sind vielversprechend.
Antikörper
Die ersten monoklonalen Antikörper zur Migräneprophylaxe wurden 2018 zugelassen und auf den Markt gebracht. Den Start machte Erenumab. Es folgten drei weitere: Galcanezumab, Fremanezumab und Eptinezumab. Die Antikörper verfolgen einen neuen Therapieansatz. Sie zielen auf das Calcitonin-Gene-Related-Peptide (CGRP) – einen Botenstoff, der bei einer Migräneattacke vermehrt aus den Nervenendigungen des Trigeminus-Nervs freigesetzt wird und auch beim Entzündungsprozess eine zentrale Rolle spielt.
CGRP ist ein proinflammatorische Neuropeptid und zählt zu den am stärksten gefäßerweiternden endogenen Substanzen und ist maßgeblich an der Entstehung der Migräne beteiligt. Die Substanz ist im zentralen Nervensystem an der Regulation der Körpertemperatur beteiligt und moduliert die Schmerzübertragung.
Merke: Die Antikörper sind nicht zur Akutbehandlung einer Migräneattacke geeignet. Sie werden zur Migräneprophylaxe bei Erwachsenen eingesetzt, die an mehr als vier Tagen pro Monat eine Attacke haben. Die Wirkstoffe können die Zahl der Migräneanfälle und somit den Schmerzmittelgebrauch reduzieren.
Erenumab
… greift gezielt am CGRP-Rezeptor an. Dieser wird blockiert und CGRP kann nicht mit dem Rezeptor interagieren.
Galcanezumab, Fremanezumab, Eptinezumab
… beeinflussen gezielt CGRP, greifen aber nicht am Rezeptor an. Weil die Antikörper an das proinflammatorische Neuropeptid binden, kann dieses nicht mehr mit seinem Rezeptor in Verbindung treten und andocken.
Was bisher möglich war
Bislang wurden nur Arzneimittel zur Migräneprophylaxe eingesetzt, die ursprünglich in anderen Indikationsgebieten zugelassen sind. Dass die Substanzen Migräneattacken vorbeugen können, war ein Zufallsfund. Zum Einsatz kommen beispielsweise Betablocker. Die beste Evidenz liegt für Metoprolol und Propranolol vor. Weitere Beispiele sind der Calciumantagonist Flunarizin und das Antiepileptikum Topiramat (nur mit Einschränkung geeignet). Insgesamt ist die klinische Evidenz übersichtlich gut – bei nicht unproblematischem Nebenwirkungsprofil und eine Dauereinnahme vorausgesetzt. Die tägliche Einnahme hat eine Abbruchrate von bis zu 70 Prozent zur Folge. Auch Botox findet bei mehr als 15 Migränetagen pro Monat Anwendung zur Migräneprophylaxe.
Ditane und Gepante
… stellen eine Alternative zu Triptanen dar, die bisher laut S1-Leitlinie Mittel der Wahl bei einer Migräneattacke sind. Allerdings ist die Stoffklasse nicht für alle Patienten geeignet. Die Agonisten am 5-Hydroxytryptamin-Rezeptor sind in der Selbstmedikation für Patienten über 65 Jahren nicht empfohlen. Patienten mit Durchblutungsstörungen, Bluthochdruck oder koronaren Herzkrankheiten dürfen Triptane, wenn überhaupt, nur nach ärztlicher Rücksprache einnehmen. Möglich sind kardiovaskuläre unerwünschte Ereignisse, die darauf zurückzuführen sind, dass Triptane auch periphere Blutgefäße kontrahieren. Für diese Patienten können Ditane und Gepante eine neue Therapieoption sein, auch wenn die Studienergebnisse zeigen, dass diese der Wirkung der Triptane unterlegen zu sein scheinen.
Lasmiditan
… gehört zur Stoffklasse der Ditane und setzt wie die Triptane am Serotoninrezeptor an – allerdings selektiv am 5-HT1F, anders als die Triptane.
Ubrogepant und Rimegepant
… gehören, wie der Name vermuten lässt, zu den Gepanten. Die Arzneistoffe sind Antagonisten am CGRP-Rezeptor.
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