Ginkgo, Urea oder Nystatin sind nicht per se Kassenleistung, denn die Arzneimittel unterliegen nicht der Verschreibungspflicht. Somit fallen OTC-Arzneimittel für Erwachsene – ab einem Alter von 18 Jahren – aus dem Erstattungskatalog. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ab zwölf ist Schluss?
OTC-Arzneimittel sind für Erwachsene ab 18 Jahren grundsätzlich nicht mehr verordnungs- und erstattungsfähig. Bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr ist alles möglich. Für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum 18 Lebensjahr werden nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel ebenfalls von den Kassen erstattet. Eine Prüfpflicht hat die Apotheke nicht. Eventuell anfallende Mehrkosten müssen jedoch vom Patienten gezahlt werden.
Was geht, entscheidet der G-BA
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) legt in der OTC-Ausnahmeliste (Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL)) fest, welche apothekenpflichtigen, nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimittel aufgeführt werden. Ausgewählt wird nach festgelegten Kriterien, beispielsweise wenn die Arzneistoffe zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten.
Eine Krankheit ist wiederum als schwerwiegend einzustufen, wenn sie „lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt“.
Beispiele Anlage I AM-RL
- Ginkgo biloba-Blätterextrakt als Aceton-Wasser-Auszug mit einer standardisierten Tagesdosis von 240 mg zur Behandlung der Demenz
- Antimykotika nur zur Behandlung von Pilzinfektionen im Mund- und Rachenraum
- Calciumverbindungen mit mindestens 300mg Calcium-Ion/Dosiereinheit und Vitamin D (freie oder fixe Kombination) sowie Vitamin D als Monopräparat bei ausreichender Calciumzufuhr über die Nahrung; nur zur Behandlung der manifesten Osteoporose; nur zeitgleich zur Steroidtherapie bei Erkrankungen, die voraussichtlich einer mindestens sechsmonatigen Steroidtherapie in einer Dosis von wenigstens 7,5mg Prednisolonäquivalent bedürfen; bei Bisphosphonat-Behandlung gemäß Angabe in der jeweiligen Fachinformation bei zwingender Notwendigkeit
- Eisen-(II)-Verbindungen nur zur Behandlung von gesicherter Eisenmangelanaemie
- Flohsamen und Flohsamenschalen nur zur unterstützenden Quellmittel-Behandlung bei Morbus Crohn, Kurzdarmsyndrom und HIV assoziierter Diarrhoen
- Glukokortikoide, topisch nasal nur zur Behandlung bei persistierender allergischer Rhinitis mit schwerwiegender Symptomatik
- Harnstoffhaltige Dermatika mit einem Harnstoffgehalt von mindestens 5 Prozent nur bei gesicherter Diagnose bei Ichthyosen, wenn keine therapeutischen Alternativen für den jeweiligen Patienten indiziert sind
- Kaliumverbindungen als Monopräparate nur zur Behandlung der Hypokaliaemie
- Nystatin nur zur Behandlung von Mykosen bei immunsupprimierten Patienten
- Salicylsäurehaltige Zubereitungen mit mindestens 2 Prozent Salicylsäure in der Dermatotherapie als Teil der Behandlung der Psoriasis und hyperkeratotischer Ekzeme
Diagnose und Prüfpflicht
Hat der Arzt eine Diagnose auf dem Rezept vermerkt – wozu er nicht verpflichtet ist – , besteht eine erweiterte Prüfpflicht. Stimmt die angegebene Diagnose mit den Vorgaben der OTC-Ausnahmeliste überein, hat die Apotheke grünes Licht für die Abgabe. Gesetzliche Zuzahlung und eventuell anfallende Mehrkosten werden fällig. Außerdem sind Rabattverträge zu beachten. Gibt es keine Übereinstimmung, muss der Kunde selbst für die Kosten des Arzneimittels aufkommen.
Ist keine Diagnose dokumentiert, muss der Apotheker auch nicht prüfen. Allerdings muss der Wirkstoff auf der OTC-Ausnahmeliste zu finden sein.
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