Apothekenmitarbeiter unter Verdacht: Die Staatsanwaltschaft hat erste Ermittlungsergebnisse zu den Todesfällen in Köln bekanntgegeben. Demnach handelt es sich bei dem toxischen Glucosegemisch um eine Verunreinigung des Traubenzuckers mit Lidocainhydrochlorid.
Versehen, kein Vorsatz
Die Untersuchungen deuten auf ein tragisches Versehen hin. Im Visier der 20-köpfigen Mordkommission sind zwei Apothekenmitarbeiter der Heilig-Geist-Apotheke in Köln, gegen die wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt wird. Beide Mitarbeiter seien näher in den Fokus geraten, mit den Substanzen hantiert zu haben. „Die Staatsanwaltschaft hat folglich momentan keine Anhaltspunkte dafür, dass Lidocainhydochlorid vorsätzlich in die Glucose gelangt ist“, sagte der Kölner Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer gegenüber APOTHEKE ADHOC.
Beide Mitarbeiter hätten in sehr umfangreichen Vernehmungen Angaben zu ihren Aufgaben und den Abläufen in der Apotheke gemacht, jedoch die Tat an sich abgestritten. Laut Ermittlungen konnte in der verunreinigten Glucose Lidocainhydrochlorid nachgewiesen werden. Das Lokalanästhetikum werde in der Apotheke in einem Gefäß vorrätig gehalten, dass in Größe, Farbe und Herstellerbezeichnung, dem der Glukose entspreche. Ein wahrscheinliches Szenario könnte laut Bremer also sein, dass ein Rest des Lidocains – der für Glucose gehalten wurde – in einen Glucosebehälter umgefüllt wurde.
Das erklärt die Tatsache, dass in den abgefüllten Glucose-Tütchen eine unterschiedliche Menge Lidocainhydrochlorid nachgewiesen werden konnte. Die ersten abgefassten Portionen hätten eine höhere Konzentration des Lokalanästhetikums gehabt als spätere.
Apotheken dürfen wieder öffnen
Die betroffene Apotheke und zwei weitere des Inhabers wurden einige Tage nach den Todesfällen vorläufig und auf unbestimmte Zeit geschlossen. Das NRW-Gesundheitsministerium und die Kölner Bezirksregierung verteidigten dies als vorsorgliche Sicherheitsmaßnahme. Das Betriebsverbot wurde nach der Bekanntgabe der neuen Ermittlungsergebnisse wieder aufgehoben – allerdings mit Einschränkungen. Die Rezeptur bleibt weiterhin dicht. Die Einschränkung gelte solange, bis in den Apotheken Maßnahmen umgesetzt würden, die derartige Verunreinigungen von Arzneimitteln in Zukunft sicher ausschließen.
Vor etwa vier Wochen starben eine 28-Jährige und ihr per Notkaiserschnitt geborenes Baby an Organversagen. Die Frau hatte die Glucosemischung im Rahmen einer Routineuntersuchung auf Schwangerschaftsdiabetes zu sich genommen. Die letale Dosis (LD50) für Lidocainhydrochlorid liegt bei 317 mg/kg. Bei einem Gewicht von 60 kg – was für eine Schwangere gering ist – beträgt die LD50 etwa 19 g. Für den Test auf Gestationsdiabetes werden 50 beziehungsweise 75 g Glucose abgefasst.
Nach dem Aufruf der Polizei, keine Glukosemischungen der Kölner Apotheke zu sich zu nehmen, meldete sich eine weitere Frau. Diese hatte das Gemisch zwar bereits verwendet, brach jedoch die Einnahme vorzeitig auf Grund von Übelkeitssymptomen ab.
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