Die Pille danach ist seit nunmehr vier Jahren ohne Rezept erhältlich. Die Entlassung aus der Verschreibungspflicht wurde heftig diskutiert. Zur Verfügung stehen zwei Wirkstoffe; das inzwischen generische Levonorgestrel (LNG) und Ulipristal (UPA).
LNG kommt bereits seit 1979 als Notfallkontrazeptivum zum Einsatz, UPA seit etwa zehn Jahren. Bei rechtzeitiger Einnahme können beide Wirkstoffe den Eisprung verschieben. Einen hundertprozentigen Schutz gibt es dennoch nicht. Hat der Eisprung bereits stattgefunden, sind beide Substanzen unwirksam. Außerdem besteht nach der Einnahme der Notfallkontrazeptiva kein Verhütungsschutz für den Rest des Zyklus.
Weiblicher Zyklus und Eisprung
Im Durchschnitt dauert der weibliche Zyklus 28 Tage. Doch der Zeitraum ist variabel und kann zwischen 21 und 35 Tagen andauern. So variabel wie der Zyklus ist demnach auch der Eisprung, zu dessen Zeitpunkt die Konzentration des luteinisierenden Hormons (LH) am höchsten ist. Der Spiegel beginnt zwei Tage vor der Ovulation anzusteigen. In der Theorie kommt es in der Zyklusmitte – also am 14. Tag – zum Eisprung. Nun ist die Eizelle für zwölf bis 24 Stunden befruchtungsfähig. Die größte Chance auf eine Schwangerschaft besteht daher kurz vor dem Eisprung, denn die Spermien können bis zu fünf Tage im weiblichen Körper überleben.
Pille danach: LNG vs. UPA
Weil der genaue Zeitpunkt des Eisprungs nicht genau vorhergesagt werden kann, wird die Einnahme beider Wirkstoffe zu jedem Zykluszeitpunkt empfohlen. Generell sollten Notfallkontrazeptiva nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr so schnell wie möglich am besten innerhalb von zwölf Stunden nach der Verhütungspanne eingenommen werden.
LNG ist ein synthetisches Gestagen und kann bis zu 72 Stunden (drei Tage) nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr zum Einsatz kommen. Gleiches gilt für den Progesteron-Rezeptor-Modulator UPA, der darüber hinaus bis zu 120 Stunden (fünf Tage) geschluckt werden kann. Liegt der Zeitpunkt des ungeschützten Geschlechtsverkehrs länger als fünf Tage zurück, ist die Frau an einen Gynäkologen zu verweisen. Gleiches gilt bei Verdacht einer bestehenden Schwangerschaft.
Das ist der Unterschied
UPA verzögert den Eisprung auch dann noch, wenn der LH-Anstieg bereits begonnen hat.
Vorsicht Wechselwirkung!
Die Wirksamkeit von LNG und UPA kann durch Induktoren von CYP3A4 gemindert werden. Eine Interaktion ist unter anderem möglich mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wie dem Antibiotikum Rifampicin, den HIV-Therapeutika Efavirenz und Ritonavir, den Antiepileptika Phenytoin und Carbamazepin oder dem rezeptfreien Johanniskraut. Frauen, die innerhalb der letzten vier Wochen vor der Verhütungspanne einen CYP3A4-Induktor eingenommen haben, sollten auf die Anwendung von UPA verzichten. In diesem Fall ist die Kupferspirale, die auch noch fünf Tage nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingesetzt werden kann eine sichere Alternative. Möglich wäre auch die Gabe der doppelten Menge LNG (3 mg statt 1,5 mg) innerhalb von 72 Stunden nach der Panne.
Liegen schwere Leberfunktionsstörungen vor, ist die Anwendung beider Wirkstoffe nicht empfohlen.
Was tun bei Erbrechen?
Kommt es innerhalb von drei Stunden nach der Einnahme des Notfallkontrazeptivums zu Erbrechen, ist die Einnahme einer zweiten Dosis empfohlen.
Pille danach Nebenwirkungen
Unter LNG und UPA sind folgende unerwünschten Arzneimittelwirkungen möglich: Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Bauch- und Unterleibsschmerzen, Dysmenorrhö, Erbrechen, Müdigkeit oder Spannungen in der Brust.
Keine Panik
Nach der Einnahme der Notfallkontrazeptiva kann die nächste Menstruation verspätet eintreten. In Einzelfällen kann die nächste Regel sich sogar um mehr als 20 Tage verzögern. Bleibt die Monatsblutung mehr als sieben nach dem errechneten Termin aus, sollte ein Schwangerschaftstest durchgeführt oder ein Gynäkologe aufgesucht werden.
Muss auf den BMI geachtet werden?
Begrenzte und nicht eindeutige Daten weisen darauf hin, dass die Arzneistoffe bei übergewichtigen Frauen weniger wirksam sein können. Einen Anlass zu einer Anwendungsbeschränkung gibt es derzeit nicht. Fest steht jedoch: Bei allen Frauen – unabhängig von BMI und Körpergewicht – sollte das Notfallkontrazeptivum so schnell wie möglich eingenommen werden.
Verhütungspanne in der Stillzeit
LNG geht in die Muttermilch über, die Einnahme wird demnach direkt nach dem Stillen empfohlen. Die Frauen sollten zudem eine Stillpause von mindestens acht Stunden einhalten. Nach der Einnahme von UPA ist eine Stillpause von mindestens einer Woche empfohlen. In der Zeit sollte regelmäßig Muttermilch abgepumpt und verworfen werden. So wird die Milchbildung aufrechterhalten.
Die Pille danach bietet keinen Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten
LNG und UPA können vor einer ungewollten Schwangerschaft schützen, jedoch nicht vor Hepatitis, HIV, Tripper, Gonorrhö, Syphilis oder Chlamydien. Besteht ein entsprechender Verdacht sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Beide Notfallkontrazeptiva sind keine Abtreibungspillen. Das bedeutet: Werden sie in der empfohlenen Dosierung (1,5 mg LNG, 30mg UPA) eingenommen, wird eine bestehende Schwangerschaft nicht abgebrochen.
Die Kasse zahlt die Pille danach
Notfallkontrazeptiva werden bis zum vollendeten 22. Lebensjahr von den Kassen erstattet, vorausgesetzt sie sind auf einem Muster-16-Formular ärztlich verordnet.
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