Bestellt und nicht abgeholt: Wenn in der Apotheke das Abholbrett aus allen Nähten platzt, weil Kunden ihre einst „dringend“ benötigten Arzneimittel oder angefertigten Rezepturen doch nicht abholen, stellt sich die Frage: Trotzdem abrechnen oder retournieren?
Bei Arzneimitteln, die über den Großhandel bestellt wurden, ist die Sache klar – eine Abrechnung ist nicht möglich, wenn der Kunde das Arzneimittel nicht abgeholt hat. Das bedeutet Mehrarbeit, wenn das Rezept schon bedruckt und andere Positionen auf der Verordnung bereits beliefert wurden. Dann sollte unter Verwendung eines Korrekturetiketts (kein Tipp-Ex!) das Rezept neu bedruckt werden. Das Arzneimittel kann in die Retoure oder mit dem Vermerk Lagerbereinigung an Lager gelegt werden.
Rezepturen oder Arzneimittel, die besonders beschafft werden müssen, können unter Umständen abgerechnet werden. Hier gelten Ausnahmeregelungen. Wann das möglich ist, verrät ein Blick in die einzelnen Arzneimittellieferverträge (ALV). Hier einige Beispiele:
Im Saarland dürfen nach § 7 ALV nicht abgeholte Mittel nur berechnet werden, wenn es sich um rezepturmäßig hergestellte Arzneimittel oder um besonders beschaffte Mittel handelt. Vorausgesetzt der Lieferant nimmt diese nicht mehr zurück und es besteht keine Möglichkeit die Präparate anderweitig abzugeben. Trifft dies zu, kann die Apotheke den vollen Preis in Rechnung stellen, allerdings muss auf der Verordnung der Vermerk „nicht abgeholt“ dokumentiert werden.
In Hessen regelt § 14 ALV AOK das Mögliche. „Fertigarzneimittel und Verbandsstoffe mit Ausnahme von Ziffer 3 dürfen grundsätzlich nicht berechnet werden.“ Die Ausnahmen in Ziffer 3 ist wie folgt definiert:
- rezepturmäßig hergestellte Arzneimittel dürfen mit dem vollen Preis abgerechnet werden
- selten verordnete Fertigarzneimittel, die besonders beschafft werden mussten und nicht retourniert werden können, dürfen mit dem Einkaufspreis und den nachgewiesenen Beschaffungskosten zuzüglich des gesetzlichen Abschlages sowie der jeweils geltenden Umsatzsteuer geltend gemacht werden.
- Fertigarzneimittel und Verbandstoffe, die üblicherweise nicht in einer Apotheke vorrätig gehalten werden und vom Lieferanten nur unter Berücksichtigung eines Abschlages als Bearbeitungsgebühr zurückgenommen werden, können von den Apotheken in Höhe der Bearbeitungsgebühr zuzüglich des gesetzlichen Abschlages sowie der jeweils geltenden Umsatzsteuer berechnet werden.
Werden Produkte der Buchstaben a bis c abgerechnet, ist der Vermerk „nicht abgeholt“ auf die Verordnung aufzutragen.
In Sachsen-Anhalt können der AOK nicht abgeholte Arzneimittel nur in Rechnung gestellt werden, wenn diese nicht anderweitig verwendbar sind. Auch hier darf der Vermerk „nicht abgeholt“ nicht fehlen. Gleiches gilt im Freistaat Sachsen.
Auch in Bayern gibt es eine Ausnahmeregelung, allerdings ist der Abrechnungszeitraum definiert. „Abweichend von Absatz 2 Satz 1 können Rezepte als nicht abgeholt deklariert und in Rechnung gestellt werden, wenn seit dem Ausstellungstag mindestens ein Monat und höchstens zwei Monate vergangen sind.“ Dies gilt für Rezepturarzneimittel sowie seltene Fertigarzneimittel, die besonders beschafft und nicht retourniert werden können. Hier gilt als Abgabedatum der Tag, an dem der Vermerk aufgebracht wurde.
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