Knapp 1.800 Spontanberichte gingen im vergangenen Jahr bei der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) zu Metamizol-haltigen Tropfen von Zentiva ein. Der Hauptgrund: Kristallbildung am Flaschenhals und der Tropfmontur. Laut Hersteller ist die Patientensicherheit nicht gefährdet. Doch der AMK liegen Meldungen zu gesundheitlichen Folgen für die Patient:innen vor.
Meldungen zu einer Auskristallisation bei Metamizol-haltigen Tropfen von Zentiva liegen der AMK nicht erst seit 2024 vor. Schon seit 2021 gibt es Beanstandungen. Allerdings verzeichnen diese seit dem zweiten Quartal vergangenen Jahres einen sprunghaften Anstieg. Die Mehrheit der Meldungen ist auf eine Auskristallisation der Lösung am Flaschenhals zurückzuführen. Aber auch Daten zu Verfall und Charge können fehlen oder nicht lesbar sein, so die AMK. Betroffen sind verschiedene Chargen und Packungsgrößen. Als Konsequenz erfolgten Rückrufe einzelner Chargen.
„Unser Werk in Prag hat – in enger Abstimmung mit der Regulierungsbehörde – verschiede Maßnahmen zur Verbesserung vorgestellt und bereits umgesetzt“, teilte ein Sprecher im Oktober mit. Unter anderem wurden neue Materialien für Flaschen und Deckel getestet und für gut befunden. Mit diesen neuen Parametern wurde die Produktion im Herbst neu gestartet. „Wir sind daher überzeugt, dass wir mit der neuen Ware die Qualität nochmals deutlich erhöhen konnten.“ Ein negativer Einfluss auf die Patientensicherheit bestehe nicht. Der Grund: Der Einsatz der Tropfen betreffe rein symptomatische Anwendungsgebiete.
Die AMK kontert und „kritisiert“ die Einschätzung des Herstellers. Die Kritik ist begründet, denn der AMK liegen entsprechende Meldungen vor. Eine Auskristallisation und eine versetzte Tropferöffnung seien mit Schwierigkeiten beim Öffnen der Flasche verbunden. Dies beeinflusse die Dosierbarkeit. Zudem wurden in 89 Fällen im Zusammenhang mit dem Qualitätsmangel gesundheitliche Folgen gemeldet. Dazu gehören eine verzögerte Schmerztherapie, verminderte Wirksamkeit durch Fehldosierungen und in einem Fall eine Schnittverletzung an der Hand. „Dosierungsungenauigkeiten und Unterbrechungen der Schmerztherapie stellen somit ein ernstes Risiko für Patienten dar“, so die Expert:innen.
Die AMK hat zudem das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) beauftragt, Muster, die von einer Auskristallisation betroffen sind, in puncto Gehalt, Dosierung und Gleichförmigkeit der Dosierung zu überprüfen. Das Ergebnis zeigt zwar, dass Wirkstoffgehalt der Muster und Tropfgeschwindigkeit ausreichend sind, aber die Gleichförmigkeit der Dosierung in neun von 13 Mustern zu 100 ml nicht erfüllt ist.
„Die AMK bewertet die bislang getroffenen Maßnahmen des Herstellers daher als inkonsistent und unzureichend.“ Zudem werde die Verantwortung an die Apotheken übertragen, denn die sollen gemäß Empfehlung vor der Abgabe alle Flaschen auf eine Auskristallisation prüfen. Die Prüfung nehme nicht nur Zeit in Anspruch, sondern es fehle auch die Konsequenz im Markt. Nämlich ein Rückruf aller betroffenen Chargen. „Tatsächlich häufen sich nachvollziehbar Beschwerden seitens der Apotheken, die gegenüber der AMK ein unzureichendes Verantwortungsbewusstsein des Herstellers monieren.“
Daher lautet der Appell an die verantwortlichen Stellen, die mit dem Qualitätsmangel verbundenen gesundheitlichen Risiken ernst zu nehmen und zügig effektive Risikoabwehrmaßnahmen konsequent umzusetzen. „Die AMK hinterfragt zudem den Bedarf zur fortgesetzten Marktfreigabe der Tropfen zum Einnehmen trotz bestehender Qualitätsmängel eines einzigen betroffenen Herstellers.“ Schließlich stehen mit Tabletten und Zäpfchen alternative Darreichungsformen zur Verfügung. Hinzukommt, dass Meldungen zu Metamizol-haltigen Tropfen anderer Hersteller deutlich seltener eingegangen sind – 117 im gesamten Beobachtungszeitraum.
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