Über das Für und Wider der Arbeitszeiterfassung wurde immer wieder diskutiert. Doch bereits seit rund fünf Jahren ist klar: Sie ist Pflicht, und zwar EU-weit. Doch über das Wie herrscht bisher keine Einigkeit. Ist beispielsweise eine Arbeitszeiterfassung im 15-Minuten-Takt erlaubt?
Spätestens seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aus dem Jahr 2022 ist klar: Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ist flächendeckend umzusetzen. Arbeitgebende müssen demnach ein System einführen, mit dem die geleistete Arbeitszeit von Mitarbeitenden erfasst wird, und zwar „zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer“, wie es im zugrundeliegenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von 2019 heißt. Wie genau die Erfassung erfolgen muss, ist jedoch noch immer nicht festgelegt. Einige Betriebe setzen beispielsweise auf die Arbeitszeiterfassung im 15-Minuten-Takt. Doch ist dies zulässig?
Arbeitszeiterfassung: Wie noch unklar
Bisher regelt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zwar unter anderem klar, welche Obergrenzen für die tägliche Arbeitszeit gelten und wann wie lange Pausen gemacht werden müssen. Die Arbeitszeiterfassung – mit Ausnahme von Überstunden – findet sich im Gesetz jedoch nicht wieder. Dennoch ist die Pflicht zur Erfassung seit dem BAG-Urteil verbindlich. Doch die Entscheidung, wie genau dies geschieht, liegt weiterhin größtenteils bei Arbeitgebenden. So soll das Arbeitszeitgesetz zwar dem BAG-Urteil entsprechend angepasst werden. Ein bereits im Frühjahr 2023 vorgelegter Referentenentwurf wurde jedoch bisher nicht beschlossen.
Mitunter findet in Betrieben auch die Arbeitszeiterfassung im 15-Minuten-Takt Anwendung, bei der jeweils nur volle Viertelstunden gezählt werden – oftmals zum Nachteil von Beschäftigten. Ein Beispiel: Loggen sich Angestellte um 08:02 Uhr in das entsprechende System ein, beginnt die Zeiterfassung und damit auch die offizielle Arbeitszeit erst um 08:15 Uhr, weil die Viertelstunde bereits begonnen hat und somit nicht mehr komplett gearbeitet werden kann. Ähnlich sieht es aus, wenn sich Angestellte beispielsweise um 17:59 Uhr abmelden. Denn in diesem Fall wurden die ab 17:45 Uhr begonnenen 15 Minuten ebenfalls nicht voll erfüllt. Somit gilt die Arbeitszeit bereits um 17:45 Uhr als beendet – die darüber hinaus gehenden Minuten wurden folglich umsonst gearbeitet.
Arbeitszeiterfassung: Minutengenau statt im 15-Minuten-Takt
Zulässig ist dies jedoch nicht. Denn generell gilt: Es besteht Anspruch auf Vergütung für die tatsächlich gearbeitete Zeit, wie im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt ist. Unter Umständen kann es sich sogar um Arbeitszeitbetrug handeln. Hinzukommt, dass laut dem Bundesarbeitsministerium (BMAS) Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jedes/jeder Arbeitnehmer:in aufgezeichnet werden müssen, „um die Einhaltung der Höchstarbeitszeit sowie der täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten wirksam gewährleisten zu können“. Folglich braucht es eine möglichst genaue Erfassung, um beispielsweise beurteilen zu können, wann Angestellte die Sechs-Stunden-Grenze überschritten haben und somit gemäß ArbZG eine Pause machen müssen. Eine Arbeitszeiterfassung im 15-Minuten-Takt gilt damit als tabu.
Achtung: Wer auf eigene Faust mehr als die vereinbarte Wochenarbeitszeit leistet, bekommt dies nicht automatisch bezahlt. Denn Überstunden werden nur vergütet, wenn sie von dem/der Chef:in angeordnet oder zumindest geduldet werden.
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