Nahrungsergänzungsmittel (NEM) werden vielfach gehypt, beispielsweise als Immun- und Energiebooster sowie Beauty-Wunder. Das gilt auch für Präparate mit Nicotinamidadenindinukleotid – kurz NAD oder Coenzym 1 – sowie der reduzierten Form NADH. Doch können NEM mit NADH gegen Krebs wirken?
NADH stellt die reduzierte Form von Nicotinamidadenindinukleotid (NAD als Allgemeinabkürzung) dar, nachdem ein Wasserstoffatom aufgenommen wurde, und wird aus Niacin – Vitamin B3 – gebildet, das beispielsweise in Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Pilzen und Brot enthalten ist sowie vom Körper aus der Aminosäure Tryptophan gebildet werden kann. Das Coenzym ist unter anderem am Abbau von Kohlenhydraten und Alkohol sowie an der Energieproduktion der Zellen beteiligt. Der NADH-Haushalt des Körpers reguliert sich selbst.
Wie der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in seiner Recherche des Monats klarstellt, erreichen die Expert:innen regelmäßig Anfragen zur angeblichen Wirksamkeit von Nahrungsergänzungsmitteln mit NADH. Denn diese werden beispielsweise online unter anderem damit beworben, dass sie einen Energieschub liefern oder sogar gegen Krebs wirken sollen.
NADH: Wirksamkeit gegen Krebs nicht belegt
Doch klinische Studien dazu fehlen laut dem DKFZ bisher. Zwar wurde in präklinischen Studien nachgewiesen, dass das Coenzym die Metastasierung hemmen könnte. Untersucht wurde dabei unter anderem der Effekt von Nicotinamid-Mononukleotid (NMN), einem Zwischenprodukt bei der Umwandlung von Nicotinamid. Dafür wurden Mäusen menschliche Brustkrebszellen eingepflanzt und deren Veränderung beobachtet. Im Vergleich zur Placebogruppe zeigte sich dabei ein geringeres Tumorwachstum und weniger Metastasierung unter der Behandlung mit dem Coenzym. Gleiches galt in Mausmodellen mit Leberzellkarzinomen. In weiteren Versuchen konnten die Ergebnisse dagegen nicht bestätigt werden, sodass eine angebliche Wirksamkeit von NEM mit NADH gegen Krebs unbelegt bleibt.
Mehr noch. So wurde bereits vor einer Überversorgung gewarnt, weil Krebszellen für ihren Stoffwechsel viel NADH benötigen, sodass die Einnahme entsprechender NEM Krebs sogar begünstigen anstatt bekämpfen könnte, so die Befürchtung.
Hier gibt die Verbraucherzentrale Entwarnung: „Schädlich ist NADH nicht“, heißt es. Im Hinblick auf die angeblichen positiven Effekte von NADH stellen die Expert:innen jedoch ebenfalls klar: Durch die Einnahme entsprechender NEM sei weder ein Energieschub noch eine Steigerung des Konzentrationsvermögens oder eine lindernde Wirkung bei Demenz zu erwarten, denn NADH werde nicht vom Körper aufgenommen, sondern nach der Einnahme direkt verdaut.
Übrigens: Anders als NADH ist NMN in der EU in Nahrungsergänzungs- sowie Lebensmitteln verboten.
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