Beinahe jede/r Vierte leidet hierzulande an Migräne. Doch daneben können auch weitere Formen von Kopfschmerzen zu einem hohen Leidensdruck führen. Die Rede ist von sogenannten „anderen primären Kopfschmerzen“. Welche Wirkstoffe bei welcher Kopfschmerzform infragekommen, verrät eine neue Leitlinie.
Während bei der Behandlung von Migräne verschiedene Optionen ins Spiel kommen – unter anderem Triptane, Ditane oder NSAR – herrscht bei anderen Kopfschmerzformen oftmals Unklarheit. Daher wurde vor Kurzem die erste S1-Leitlinie „Die Therapie ,anderer primärer Kopfschmerzerkrankungen´“ unter Beteiligung der Deutschen Kopfschmerz- und Migränegesellschaft veröffentlicht. Diese enthält unter anderem Hinweise rund um die Diagnostik und Behandlung von verschiedenen primären Kopfschmerzarten, die nicht unter Migräne- oder Spannungskopfschmerzen fallen.
Welcher Wirkstoff eigenet sich wann?
- Hustenkopfschmerz wird meist durch Husten oder Pressen ausgelöst. Die Attacken dauern bis zu zwei Stunden an. Laut Leitlinie ist das nicht-steroidale Antirheumatikum Indometacin in Dosierungen von 25 bis 250 mg/Tag Wirkstoff der Wahl, wobei dieser mit PPI als Magenschutz kombiniert werden soll. Alternativ kann unter anderem auf Acetazolamid, Propranolol oder Naproxen zurückgegriffen werden.
- Anstrengungskopfschmerz: Der durch körperliche Anstrengung ausgelöste Schmerz hält in der Regel für maximal 48 Stunden an und soll ebenfalls mit Indometacin behandelt werden. Außerdem sollte auf körperliche Schonung und das Vermeiden von Hitze geachtet werden. Arzneimittel der zweiten und dritten Wahl sind Propranolol und Flunarizin.
- Sexualkopfschmerz: Sexuelle Aktivität gilt als Ursache für den Kopfschmerz, der zwischen wenige Minuten bis Stunden andauern kann. Daher sollte der Geschlechtsverkehr beim Auftreten entweder abgebrochen oder mit einer passiveren Rolle fortgeführt werden. Indometacin und Triptane gelten als Mittel der Wahl zur Behandlung – genau zur Kurzzeitprophylaxe –, während Propranolol zur Langzeitprophylaxe zum Einsatz kommen kann.
- Donnerschlagkopfschmerz: Dieser tritt meist innerhalb kürzester Zeit auf, erreicht ebenso schnell seine maximale Intensität und zeigt sich über mindestens fünf Minuten in sehr starken Schmerzen. Aufgrund fehlender Studiendaten können bisher keine fundierten Therapieempfehlungen ausgesprochen werden. Auf eine Behandlung mit Acetylsalicylsäure sollte jedoch verzichtet werden.
- Kälte- und Druckkopfschmerz: Eine spezifische Therapie ist meist nicht notwendig, da der Schmerz meist nach kurzer Zeit wieder verschwindet. Es gilt vor allem, mögliche Trigger zu vermeiden.
- Stechender Kopfschmerz: Der Schmerz tritt mit einer moderaten bis starken Intensität stichartig jeweils für wenige Sekunden auf. Eine Behandlung ist laut Leitlinie in der Regel nicht notwendig. Bei Bedarf können Indometacin in Dosierungen zwischen 75 und 250 mg pro Tag oder unter anderem eine abendliche Einnahme von Melatonin oder Gabapentin infragekommen.
- Münzkopfschmerz: Dieser beschränkt sich meist auf ein bestimmtes, „münzförmiges“ Areal der Kopfhaut. Zur Behandlung können Triptane oder Nichtopioid-Analgetika eingesetzt werden, bei stärkeren Schmerzen empfiehlt sich eine prophylaktische Therapie, beispielsweise mit Gabapentin.
- Schlafgebundener Kopfschmerz: Der Schmerz dauert bis zu vier Stunden an und kann am effektivsten mit Koffein behandelt werden – sowohl akut als auch prophylaktisch. Vorbeugend können außerdem Lithium oder Indometacin als zweite Wahl eingesetzt werden.
- Neu aufgetretener täglicher anhaltender Kopfschmerz: Dieser hält langfristig seit mehr als drei Monaten an. Eine systematische Therapieempfehlung gibt es laut Leitlinie nicht. Stattdessen können Wirkstoffe wie Topiramat, Amitriptylin oder Botulinumtoxin im Hinblick auf ihren Effekt ausprobiert werden.
- Epicrania fugax: Dabei handelt es sich um wiederkehrende Kopfschmerzattacken stechender Qualität, die sich innerhalb weniger Sekunden in einer geraden Linie oder im Zickzack über eine Kopfhälfte ziehen. Eine systematische Therapieempfehlung fehlt bisher.
Grundlage für die in der Leitlinie enthaltenen Empfehlungen sind Fallberichte und Fallserien, da größere Studien fehlen. Denn die genannten Kopfschmerzarten treten den Expert:innen zufolge nur selten auf. Allerdings müsse davon ausgegangen werden, dass sie häufiger sind, als es ihr Bekanntheitsgrad annehmen lässt.
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