In vielen Apotheken ist das Personal knapp und gute Mitarbeitende sind schwer zu finden. Kein Wunder, dass Chef:innen einiges versuchen, um jede/n im Team zu halten – mitunter sogar durch ein finanzielles Extra. Stichwort „Bleibe-Prämie“. Dabei gilt es, einige Stolperfallen zu vermeiden.
Die „Bleibe-Prämie“ – auch Retention- oder Treue-Bonus – dient als Anreiz, um Angestellte im Betrieb zu halten. Ähnlich wie eine Wechselprämie, die Angestellte zur Kündigung des aktuellen Beschäftigungsverhältnisses animieren soll, ist die Zahlung generell zulässig. Trotzdem gibt es dabei einiges zu beachten.
Wann wird gezahlt?
Um die „Bleibe-Prämie“ zu erhalten, braucht es in der Regel eine schriftliche Vereinbarung, die die entsprechenden Bedingungen festlegt. Gezahlt wird der Bonus, wenn Mitarbeitende mindestens eine gewisse Zeit im Betrieb bleiben. Sind sie am Tag X noch dort beschäftigt, bekommen sie die Prämie, bei einem vorherigen Ende des Arbeitsverhältnisses nicht. Die Rede ist von der sogenannten Stichtagsklausel. Ob die Summe dabei einmalig oder in mehreren Teilbeträgen gezahlt wird, sollte dabei ebenso schriftlich festgelegt werden wie die Regelung, ob das Arbeitsverhältnis bis zum Stichtag ungekündigt sein oder lediglich fortbestehen muss, sodass eine vorherige Kündigung möglich wäre, wenn der Stichtag innerhalb der Kündigungsfrist liegt.
Anders als bei einem finanziellen Extra für eine langjährige Tätigkeit wird mit der „Bleibe-Prämie“ ausschließlich die Betriebstreue und nicht die Arbeitsleistung oder das Erreichen bestimmter Ziele belohnt. Daher ist die Zahlung regulär steuerpflichtig, Vergünstigungen gelten dabei nicht. Die Zahlung muss als „sonstiger Bezug“ in der Einkommenssteuererklärung geltend gemacht werden.
Übrigens: Ähnlich wie beim Weihnachtsgeld erhöht sich der reguläre Bruttolohn durch die Auszahlung der „Bleibe-Prämie“, wodurch höhere Steuern und Sozialabgaben anfallen können.
„Bleibe-Prämie“: Besser nicht zu viel zahlen?
Auch die Höhe des Treuebonus‘ muss festgelegt werden. Diese sollte in einem angemessenen Verhältnis zum Jahresgehalt – meist 10 bis 15 Prozent davon – stehen, kann jedoch je nach Mitarbeiter:in individuell bestimmt werden.
Achtung: Fällt der Betrag zu hoch aus, können arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen, wenn beispielsweise angenommen wird, dass durch die Zahlung nicht nur die Treue zum Betrieb honoriert wird. In diesem Fall verliert auch die Stichtagsklausel an Gewicht, sodass Mitarbeitende trotz Kündigung vor Ablauf der Frist Anspruch auf einen Teil der Summe haben können. Wie hoch dieser ausfällt, richtet sich nach dem Zeitpunkt der Kündigung.
Anspruch auf Treuebonus für alle?
Bleibt noch die Frage, ob die „Bleibe-Prämie“ im Betrieb nur für einzelne Mitarbeitende gelten darf oder für alle eingeführt werden muss. Es handelt sich um eine individuelle Vereinbarung, da je nach Kompetenzen, Berufserfahrung, Betriebstreue und Kenntnisstand nicht jede/r Mitarbeitende im Betrieb gehalten werden soll.
Und jetzt wird es kurios: Das Landgericht Koblenz hatte kürzlich einen Streitfall zwischen zwei konkurrierenden Arbeitgebern zu entscheiden, die Wechsel- und „Bleibe-Prämien“ genutzt haben, um sich gegenseitig Mitarbeitende abzuwerben. Genau hatte zunächst einer der Chefs dem Konkurrenzbetrieb Angestellte abgeworben, woraufhin der andere Chef versuchte, einen Teil seiner Beschäftigten zurückzugewinnen – mit Erfolg. Der Fall landete vor Gericht. Doch den Richter:innen zufolge war sowohl das Abwerben als auch das Rückabwerben zulässig, denn es wurden keine Wettbewerbsregeln wie ein bewusstes Schaden des Konkurrenzbetriebs verletzt.
Ob PTA zur Konkurrenzapotheke wechseln dürfen, erfährst du hier.
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
KI in der Apotheke: Chef:innen müssen PTA schulen
Ob Routineaufgaben wie die Bestandsverwaltung, Rezeptprüfung oder Dokumentation sowie Unterstützung bei Medikationsanalysen und Wechselwirkungs-Checks – für den Einsatz von Künstlicher …
NEM: Zulassungsverfahren gefordert
Nahrungsergänzungsmittel (NEM) sind gefragt, doch die Einnahme ist umstritten. Denn ihr Nutzen ist oftmals nicht belegt. So bieten beispielsweise Vitamin …
Berufspolitische Agenda: So wird der PTA-Beruf zukunftssicher
Der PTA-Beruf gehört zu den Mangelberufen. Noch stellen PTA die größte Berufsgruppe in den Apotheken vor Ort dar, doch der …