Mit der von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplanten Apothekenreform werden Apotheken zu reinen Abgabestellen degradiert, so die Befürchtung zahlreicher Kolleg:innen. Doch Apotheken leisten deutlich mehr, wie Professor Dr. Giovanni Maio bei der Zukunftskonferenz VISION.A „Apotheke in der Krise: Handel oder Heilberuf?!“ deutlich machte. „Apotheken haben ein Vertrauenskapital.“ Daher dürften sich Apotheken nicht unter Wert verkaufen, so der Appell.
„Ich möchte heute eine Lanze für den Apothekerberuf brechen“, so der Mediziner und Universitätsprofessor für Medizinethik. Denn ohne Apotheken werde es für Patient:innen schwierig, jemanden zu finden, der sie beraten und ihnen helfen kann. So gebe es bekanntlich schon jetzt einen Mangel an Hausärzt:innen mit deutlich spürbaren Versorgungslücken. Umso wichtiger seien Apotheken. „Wenn es schon keine Ärzt:innen gibt, die Zeit haben, ist der Weg zur Apotheke die Rettung.“ Apotheken seien eine enorme soziale Errungenschaft, weil sie ein niedrigschwelliges Angebot bieten, dass für jede/n zugänglich ist. Umso wichtiger ist es laut Maio, für den Erhalt der Apotheken vor Ort zu sorgen.
Apotheken im Spannungsfeld zwischen Handel und Heilberuf
Dabei gebe es ein Spannungsfeld zwischen Handel und Heilberuf. Die Apotheke auf den Verkaufsaspekt zu reduzieren, würde jedoch ihren eigentlichen Sinn verklären. „Apotheken haben neben dem reinen Kapital noch ein enorm wichtiges Zusatzkapital, und zwar das Vertrauenskapital.“ Denn sie würden hinter dem/der Kund:in auch immer den/die Patient:in sehen. „Der Apothekerberuf ist per se kein Gewerbeberuf, sondern auch Heilberuf. Denn die Apotheke ist frei im Denken und in der Beratung.“
Wäre die Apotheke nur ein Betrieb, der rein nach betriebswirtschaftlichen Prinzipien funktioniere, also eine reine Verkaufstheke, was wäre dann mit den Patient:innen? Schließlich betreten diese ja keine Drogerie, sondern eine Apotheke, in der sie sich Beratung und Hilfe für ihre Beschwerden erhoffen, ein offenes Ohr. „Apotheker:innen definieren sich nicht darüber, so viel wie möglich zu verkaufen. Sie definieren sich dadurch, etwas Sinnvolles für andere zu tun und dabei nicht insolvent zu gehen. Die Identität der Apotheker:innen verknüpft sich im Verkaufen mit dem heilberuflichen Aspekt des Helfens.“
„Apotheken brauchen mehr Selbstbewusstsein“
Die sinkende Apothekenzahl betrachtet Maio mit Sorge, denn sie markiere einen Sozialabbau. Es wäre jedoch verklärend, in eine Romantisierung des Apothekerberufs zu verfallen. Wichtig sei es, die Bedeutung der Apotheken neu zu denken. Zusätzlich zur sicheren Versorgung mit Arzneimitteln würden Apotheken noch einen weiteren entscheidenden Beitrag leisten: mit Patient:innen sprechen und ihnen einen verantwortungsvollen Umgang mit Medikamenten beibringen. „Apotheken verändern Gesundheitsbewusstsein und Gesundheitskompetenz.“
Weil die Leistung der Apotheken unbezahlbar wertvoll ist, dürften sich Apotheken nicht unter Wert verkaufen. Sie sollten selbstbewusster auftreten, insbesondere jetzt, da an ihnen gespart werden soll. Die Bevölkerung wisse unterdessen um die Leistungen der Apotheken, ihnen sei jedoch nicht klar, dass die Apotheken für diese kaum honoriert würden. „Wir müssen ein stärkeres Bewusstsein für die Beratungsleistung der Apotheken in den Fokus rücken, um Argumente für die Rettung der Apotheken zu haben.“ Es brauche eine bessere Honorierung und stärkere Wertschätzung der Leistung der Apotheke.
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